Die Geschichte der Stiftung


Kurt und Erika Sommer sind im Jahr 2015 im Abstand von 2 Monaten gestorben. Ihrem Tod ging ein sehr schweres, leidvolles halbes Jahr voraus. Trotz all dem Schweren und Traurigen in dieser Zeit haben unsere Eltern und auch wir als Angehörige dabei erfahren, dass Menschen, *wenn’s wirklich wichtig wird* an der Seite stehen und einander unterstützen. Diese Erfahrung soll Ursprung und Auslöser unserer Stiftung sein!


Unsere Mutter litt schon einige Jahre an Alzheimer Demenz und wurde von unserem Vater fürsorglich und liebevoll zu Hause betreut. Er richtete sein ganzes Leben auf Ihre Pflege aus und betonte immer wieder, wie wichtig es ihm sei, sich um seine Frau zu kümmern und dass er ihr so das zurückgeben könne, was sie die Jahrzehnte zuvor für ihn getan habe. Das sei, nach seiner Lesart, jetzt seine Aufgabe, die er von Gott bekommen habe. Dabei ging er oft an die Grenze seines Möglichen und auch an einigen Stellen über seine Grenze hinaus.


Für uns Kinder wurde dabei ersichtlich, dass die Pflege einer demenzkranken Person in häuslicher Umgebung allein durch einen Angehörigen nur sehr schwer zu bewältigen ist. *Wenn‘s wirklich wichtig wird* ist Hilfe von Aussen und über die Pflegeversicherungsleistungen hinaus durch andere nötig.
Nach vielen Gesprächen über mögliche Hilfen und Entlastung holte sich unser Vater hier und da Unterstützung und gab unsere Mutter auch für einen Tag in der Woche in die Tagespflege. Mehr wollte er nicht, da war er sehr klar und auch eigensinnig.
Wir Kinder haben versucht, unsere Eltern zu unterstützen wo es ging, was uns durch unsere Lebensverhältnisse in Hamburg und Köln sicher nur punktuell und unzulänglich gelungen ist.

Unsere Mutter in ein Heim zu geben, kam für unseren Vater nicht in Frage, da unsere Mutter immer gesagt hatte, dass sie das auf keinen Fall wolle. Durch die fortschreitende Demenz kamen ihre tiefen Gefühle der Angst immer mehr an die Oberfläche, die sie vor ihrer Erkrankung kontrollieren und verbergen konnte. Im Vordergrund stand nun immer die Angst, nicht nach Hause zu kommen, allein gelassen zu werden, sich nicht mehr zurechtzufinden. Diese Angst ließ sie lange Zeit nicht los und war immer präsent, egal wo sie sich befand und wer bei ihr war.

Immer dann, wenn unsere Mutter das aussprechen konnte und meinen Vater fragte, ob er bei ihr bliebe, antwortete er:
„Erika, wir beide sind doch wie der Wind und das Meer, wir gehören zusammen.“


Uns gegenüber äußerte er immer wieder, dass er hoffe noch so lange zu leben, wie die Mutter lebe, um sich um sie kümmern und sie begleiten zu können. Wenn sie ginge, wolle er auch gehen, dann hätte er genug vom Leben, wir seien ja gut versorgt und kämen mit unseren PartnerInnen und Familien jetzt auch ohne ihn klar. Er informierte sich über die Erkrankung seiner Frau und suchte Kontakt zum Diakonischen Werk, das Angebote für Angehörige im Umgang mit Demenzkranken hatte.


Unser Vater war ein sehr empathischer und geselliger Mensch mit vielen Freundschaften und einem großen Herzen für alle Menschen, die Hilfe und Unterstützung brauchten. Er war bei vielen sehr beliebt und litt während dieser Zeit besonders darunter, dass er nicht mehr so am gesellschaftlichen Leben teilnehmen konnte wie er das früher getan hatte und auch weiter gerne tun würde. Dies war nun alles abgeschnitten und vorbei. Zwar nahm er unsere Mutter überall mit hin, besonders in die Kirchengemeinde, die ihr Zuhause war, aber es wurde immer schwieriger mit ihr unter Menschen zu sein. Viele gesunde Menschen haben verständlicher Weise Schwierigkeiten mit Demenzkranken umzugehen, weil es viele komische, ungewohnte und auch peinliche Situationen gibt, mit denen man nicht einfach unbefangen umgehen oder sie gut aushalten kann. Ein wöchentlicher Besuchsdienst des Diakonisches Werkes durch eine Ehrenamtliche war da ein Segen für unsere Mutter und auch für unseren Vater als kurzzeitige Entlastung aus der dauerhaften Betreuungssituation.

Auch wir Kinder haben viele Situationen erlebt, in denen wir nicht mit unserer Mutter in der Öffentlichkeit hätten sein wollen. Zum Beispiel bereitete ihr das Essen Probleme und es war nicht immer appetitlich, ihr dabei zuzusehen. Der Toilettengang gestaltet sich als absolute Herausforderung, immer wollte sie von einem Ort weg, weil sie ja nachhause müsse und selbst in ihrem Haus fühlte sie sich nicht zuhause. Gottesdienstbesuche gingen noch am ehesten, da sie unserer Mutter von Kindesbeinen an vertraut waren und sie sich dort wohlgefühlt hatte. Allerdings verhielt sie sich auch in solchen Veranstaltungen nicht immer angepasst. Auch Urlaube waren nicht mehr möglich und Treffen mit Freunden wurden immer weniger, da es wenige gab, die dieses Verhalten einer demenzkranken Frau ertragen konnten. Unserem Vater waren auch die vielen Ratschläge unangenehm.
Im August 2015 brach das fragile System dann von einem auf den anderen Tag komplett zusammen. Unser Vater wurde mit einer Hirnhautentzündung zusammen mit unserer Mutter direkt in ein Krankenhaus eingeliefert.


Was folgte waren mehrere Krankenhausaufenthalte unseres Vaters mit Delirien, Zeiten großer Schwäche und nur wenigen Wochen, die er noch zuhause verbringen konnte. Die Hirnhautentzündung war wohl eine Folge einer schon längere brodelnden, aber nicht
erkannten Leukämie. Kurz vor der Beerdigung unserer Mutter mussten wir ihn dann in das Pflegeheim bringen, in dem unsere 

Mutter ein paar Tage vorher gestorben war.


Unsere Mutter hat Ihre letzten Lebensmonate in zwei verschiedenen Pflegeheimen verbracht, noch heute hadern wir mit dieser Entscheidung, sahen und sehen aber auf Grund der räumlichen Entfernung keine andere Möglichkeit.

Unser Vater konnte bei der Beerdigung seiner Ehefrau mit dabei sein, hat alles mit wachem Verstand mitbekommen und zum letzten Mal viele der Menschen gesehen, die ihm wichtig waren. Am 7. Oktober 2015 starb unsere Mutter und am 8. Dezember 2015 unser Vater, beide im selben Pflegeheim in Recklinghausen.

Die letzten Monate unserer Eltern haben uns sehr stark berührt, uns an unsere Grenzen geführt und auch dazu beigetragen unsere Familiengeschichte rückblickend noch einmal anders zu verstehen.
Heute sind wir vor allem sehr dankbar für alles, was unsere Eltern uns mit ihren Werten und Einstellungen aus ihrem christlichen Glaubensverständnis heraus mit auf den Weg gegeben haben. Daneben haben Sie uns materielle Werte in Form unseres Elternhauses hinterlassen, in dem wir aufgewachsen sind und das von unseren Großeltern mütterlicherseits nach dem Krieg in Eigenleistung erbaut wurde. Unserer Mutter lag verständlicherweise immer sehr viel an diesem Haus. Wir wollen nun dieses Haus, den Familienbesitz, dafür nutzen die Werte unserer Eltern fortzuführen und die Früchte daraus einzusetzen. Dies war der Auslöser zur Gründung unserer Stiftung.
Wir wissen, dass beide in unterschiedlicher Weise die Gründung der Stiftung sehr gutheißen würden und wir damit voll und ganz in ihrem Sinne handeln. Wir haben das Privileg, nicht auf den Wert unseres Elternhauses angewiesen zu sein und von unserem Vater gelernt, dass Eigentum verpflichtet. Er war auf Grund seines christlichen Wertebildes davon überzeugt, dass auf dem Geben Segen liegen wird.

Es tut uns gut zu wissen, dass wir etwas von dem weiterführen können, was unsere Eltern begonnen haben und dass wir unser Erbe für uns und andere gewinnbringend einsetzen können. So möchten wir einen kleinen Beitrag dazu leisten, das Leben von Demenzkranken und deren Angehörigen zu erleichtern, ihnen Lichtblicke zu verschaffen, Menschen an die Seite zu stellen und zu helfen am gesellschaftlichen Leben teil zu haben. Das tröstet uns auch im Gedenken an die schwere Zeit unserer Eltern und an unsere Hilflosigkeit. Die Stiftung soll sich daher insbesondere um die Altenhilfe kümmern und kirchliche Zwecke, insbesondere den diakonischen Ansatz des Glaubens, begünstigen.
Wir haben nicht nur das Privileg des Erbes unserer Eltern, sondern auch das Privileg mit wunderbaren Menschen in einer Familie zu leben und von unseren Familien getragen zu werden. An dieser Stelle danken wir auch besonders diesen Menschen, die jetzt den Weg mit uns gehen und die Stiftung mit uns tragen. Sie bringen ihr Know-how und ihre Kraft mit ein, so dass die Stiftung auf vielen Schultern ruht, alle gemeinsam daran arbeiten und wir uns gegenseitig unterstützen. Uns ist sehr bewusst, dass das alles andere als selbstverständlich ist.


So soll die Stiftung zum einen ein Ausdruck des Dankes an unsere Eltern sein.

Zum anderen:
Danke an Birgit und Martin, Lena, Rike, Frederic und Lisa, dass ihr das Leben mit uns teilt und unser Vorhaben unterstützt und mit dabei seid.

Danke an alle, die zukünftig etwas in die Stiftung einbringen und allen Support!

 
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